Es ist 8:57 Uhr. Drei Minuten vor der DAX-Eröffnung.
Der Bildschirm zeigt grüne und rote Kerzen, das Licht der Monitore spiegelt sich im Kaffee.
Alex sitzt ruhig da. Keine Musik, kein Geräusch, nur das leise Klicken der Maus.
Er sieht konzentriert auf den Chart – aber nicht, um zu raten, wohin er läuft.
Er wartet.

Warten.

Das ist die schwierigste Disziplin im Trading.
Geduld ist keine Tugend, sie ist eine Waffe.
Doch sie fühlt sich selten gut an.
Er scrollt durch alte Screenshots in seinem Trading-Journal – Setups, die funktioniert haben, Setups, die gescheitert sind.
Jede Kerze erzählt eine Geschichte.
Gewinne verblassen schnell, Verluste bleiben hängen.


9:01 Uhr. Die erste Bewegung.

Der Markt schießt nach oben – impulsiv, laut. Früher wäre er sofort eingestiegen.
Heute nicht.
Alex lehnt sich zurück. Die Maus bleibt still.
„Wenn der Markt wirklich will, gibt er mir noch eine Chance“, murmelt er.
Er weiß, dass er den Markt nicht schlagen muss. Nur sich selbst.


Zwischen Euphorie und Zweifel

Gegen Mittag ist der erste Trade vorbei – +27 Punkte.
Kein Jubel, kein Screenshot, kein Tweet.
Nur ein kurzer Blick ins Journal: „Setup sauber, Exit nach Plan. Alles gut.“

So sieht Reife aus. Nicht spektakulär, sondern leise.

Aber dann, 14 Uhr: Ein Fehlausbruch.
Der Markt dreht, die Position läuft ins Minus.
Alex schaut hin, aber er bleibt ruhig.
Stop-Loss wird ausgelöst – Verlust akzeptiert.
Er schreibt auf: „Kein Fehler, nur Statistik.“
Und klickt das Fenster zu.


Die unsichtbare Arbeit

Was viele nicht sehen: Trading ist nicht das Handeln selbst, sondern das Nicht-Handeln.
Es sind die Abende, an denen er alte Trades analysiert.
Die Tage, an denen kein einziger Klick gemacht wird.
Die Momente, in denen man einfach durchhält.

Trading ist kein Beruf. Es ist ein Spiegel.
Und manchmal zeigt er einem Dinge, die man lieber nicht sehen will.


Abend

21:45 Uhr. Der Markt ist ruhig.
Alex speichert die letzten Notizen, klappt das Notebook zu.
Er hat heute verdient – nicht viel, aber sauber.
Und das ist der Unterschied zwischen Glück und Können.

Er geht in die Küche, gießt sich einen Whisky ein.
Kein Toast auf den Gewinn.
Nur ein stiller Gedanke:

„Heute war ein guter Tag. Weil ich mich an meinen Plan gehalten hab.“


Trading sieht von außen aus wie ein Spiel mit Zahlen.
Aber im Inneren ist es ein Spiel mit Geduld, Zweifel und Selbstbeherrschung.
Und genau deshalb machen es so viele – und schaffen es so wenige.


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